Zurück zur Übersicht

Wohnanlage in Marburg

Von der Ziegelei zum Wohnquartier

28.03.2023

Baujahr: 2019

Marburg

Die Wohnanlage in Marburg wurde 2022 nach Plänen des vor Ort ansässigen Bauingenieurs Stefan Rover fertiggestellt. © integrale planung
© Die Wohnanlage in Marburg wurde 2022 nach Plänen des vor Ort ansässigen Bauingenieurs Stefan Rover fertiggestellt. © integrale planung

Kompakt

Mit der „Alte Ziegelei“ in Marburg ist den Planenden eine hochwertig gestaltete Wohnanlage gelungen, die auch die ehemalige Nutzung des Grundstücks als Ziegelei berücksichtigt. Ein wichtiges Detail ist die Umsetzung der verschiedenen Flachdachflächen als Gründach, als Retentionsgründach, als Solardach oder als begehbare Dachterrasse.

Architektur-Büro: integrale planung
Teilnehmer: Dipl. Ing. (FH) Stefan Rover
Art des Objekts: Mehrfamilienhäuser mit 2 Büroeinheiten
Fläche des Objekts: 59.505 m2
Baujahr: 2019
Flachdach-Eigenschaften: Gründach, Dachterrasse, Solar-/Photovoltaikdach, Sonstiges
Dachabdichtung: Foliendach Kunststoff

Wohnanlage in Marburg

Die Universitätsstadt Marburg ist bekannt durch die malerische Lage am Ufer der Lahn und durch die steil aufsteigende Altstadt mit ihren verwinkelten Gassen und dem mächtigen Stadtschloss. Rund zwei Kilometer weiter westlich liegt die Ockershäuser Allee, wo sich um 1900 eine Ziegelei angesiedelt hatte. Seit Ende der 1960er-Jahre wurde das 9.000 Quadratmeter große Grundstück eine Zeit lang von der Firma „Sprengstoff und Kunststoff GmbH“ genutzt. Mittlerweile hat das Unternehmen hier nach Jahren des Leerstandes das Wohnquartier „Alte Ziegelei“ als Bauherr realisiert.

Die Anlage wurde zwischen 2013 und 2022 in drei Bauabschnitten nach Plänen des vor Ort ansässigen Bauingenieurs Stefan Rover umgesetzt, dem Inhaber des Architekturbüros integrale planung. Sie umfasst acht freistehende Häuser, die insgesamt 57 Wohnungen mit Flächen zwischen 55 und 215 Quadratmetern sowie vier Büroeinheiten zur Verfügung stellen. Komplettiert wird das Programm durch zwei Tiefgaragen mit insgesamt 107 Stellplätzen. In einem gesonderten Bauabschnitt soll außerdem das historische Ringofengebäude saniert werden.

Hochwertige Fassadengestaltung

Sämtliche Häuser sind als minimalistisch gestaltete Flachdach-Volumen mit jeweils drei Vollgeschossen und einem zusätzlichen Staffelgeschoss ausgeführt. Ein markantes Detail ist außerdem die abwechslungsreiche Fassadengestaltung mit unterschiedlichen Klinkern in unterschiedlichen Farbtönen. Je nach Perspektive trifft der Blick wechselweise auf durchgehend verklinkerte, auf schachbrettartig gestaltete oder auf horizontal untergliederte Flächen. Das Projekt bietet damit eine gelungene Hommage an die industrielle Historie des Areals, als hier Jahrzehnte lang Lehm und Ton abgebaut wurden. Einen gelungenen Kontrast dazu bilden die verschiedenfarbig gerahmten Fenster und die frei auskragenden Balkone aus Sichtbeton.

Eine Besonderheit des Projektes ist auch die abwechslungsreiche Gestaltung der zur Verfügung stehenden Flachdachflächen, die wahlweise begrünt, als Retentionsgründach oder als begehbare Dachterrasse ausgeführt wurden. Um das Projekt als Effizienzhaus 55 umzusetzen, wurden auf zwei der Dachflächen außerdem geneigte Photovoltaik- und Solarthermie-Module integriert. Die Häuser 1 bis 6 verfügen zusätzlich über eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, in Haus 7 und 8 (dritter Bauabschnitt) erfolgt der Luftaustausch alternativ über einen Fensterfalz.

Abwechslungsreich gestaltete Flachdächer

Die Umsetzung der verschiedenen Dacharbeiten erfolgte durch die Dörr Dach+Wand GmbH & Co.KG aus Kirchhain (1. und 2. Bauabschnitt) sowie durch die Thomä Bedachungsgeschäft GmbH aus Aßlar (3. Bauabschnitt). Im Rahmen des zweiten Bauabschnitts wurden die Flachdächer der Häuser 2 bis 6 oberhalb der Stahlbetondecke zunächst mit einem Kaltbitumenvoranstrich  und einer Bitumendampfsperre  versehen. Direkt darüber wurde eine im Mittel 260 Millimeter dicke Gefällewärmedämmung aus Polyurethan-Hartschaum integriert. Im nächsten Schritt kam eine durchwurzelungsfeste Abdichtungsbahn aus Kunststoff zum Einsatz. Abschließend konnte die extensive Dachbegrünung auf einer Fläche von insgesamt 780 Quadratmetern ausgeführt werden. Ein Teil der Flächen wurde alternativ als begehbare Dachterrasse umgesetzt. Die auf Haus 6 aufgestellten PV- und Solarthermie-Anlagen ermöglichen gleichzeitig eine günstige und CO2-freie Versorgung der Wohneinheiten mit Strom und Wärme.

Dachaufbau im Rahmen des dritten Bauabschnitts

Einen abweichenden Dachaufbau zeigen die im dritten Bauabschnitt fertiggestellten Häuser 7 und 8. Hier sorgt oberhalb der ohne Gefälle ausgeführten Wärmedämmung eine zweilagige Bitumenabdichtung für einen dauerhaften Schutz gegen eindringende Feuchtigkeit. Für die untere Lage wählten die Beteiligten eine Elastomerbitumen-Schweißbahn , als Oberlagsbahn wurde eine durchwurzelungsfeste Polymerbitumen-Schweißbahn mit mechanisch extrem hochbelastbarer Polyesterverbundträgereinlage verlegt. Im nächsten Schritt wurde dann eine extensive Dachbegrünung mit Regenwasserrückhaltung auf einer Fläche von insgesamt 385 Quadratmetern mit einem 50 cm breiten Kiesrandstreifen ausgeführt. Über einem Trenn-, Schutz-, und Speichervlies kam dazu zunächst eine 30 Millimeter dicke Mäanderplatte  als Wasserrückhalteelement zum Einsatz. Die Elemente ermöglichen ein sicheres und gezieltes Ableiten von Überschusswasser und sorgen so für einen nachhaltigen Schutz vor Starkregenereignissen. Abschließend konnten dann ein Filtervlies sowie ein Extensivsubstrat aufgebracht werden. Die Entwässerung erfolgt über nach außen geführte Regenfallrohre und Attikanotüberläufe. Auf Haus 8 wurde zusätzlich eine weitere PV-Anlage mit einer Nennleistung von 11,3 kWp integriert.

Einen attraktiven Mittelpunkt der Wohnanlage schafft außerdem das nach dem gleichen Prinzip umgesetzte, aber abweichend ohne Wärmedämmung ausgeführte Gründach oberhalb der Tiefgaragen. Im Zusammenspiel der unterschiedlichen Elemente ist dem Planungsteam um Stefan Rover eine nachhaltig konzipierte Wohnanlage gelungen, die nicht nur architektonisch überzeugt, sondern die gleichzeitig auch auf intelligente Weise die Historie des Ortes aufgreift.

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Dann lassen Sie es uns gerne wissen! Wir freuen uns auf Ihren Kommentar und begrüßen auch Fragen und Anmerkungen. Bitte bleiben Sie dabei fair und halten Sie sich an unsere Richtlinien. Beachten Sie bitte, dass wir uns das Recht vorbehalten, unangemessene oder beleidigende Kommentare zu entfernen. Durch das Verfassen und Veröffentlichen Ihres Kommentars gestatten Sie uns, diesen gegebenenfalls gekürzt oder ungekürzt multimedial zu verbreiten.

* Pflichtfelder

Kommentar wird gesendet. Bitte warten...

Es tut uns leid, es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut oder kontaktieren Sie uns.

Ihr Kommentar wurde erfolgreich abgeschickt. Ihr Kommentar wurde nun veröffentlicht. Laden Sie die Seite neu, um Ihren Kommentar zu sehen.
Seite neuladen

Ihr Kommentar wurde erfolgreich abgeschickt. Bitte überprüfen Sie Ihre E-Mail, um Ihren Kommentar zu bestätigen.