2 Grundlagen zu Abdichtungsbahnen
2.1 Allgemeines (#ddbau10365)
(1) Bahnenförmige Stoffe für die Abdichtung, sogenannte Abdichtungsbahnen, umfassen die Gruppe der Bitumen- und Polymerbitumenbahnen sowie die Gruppe der Kunststoff- und Elastomerbahnen. Sie werden industriell hergestellt und in Rollen gebrauchsfertig geliefert.
(2) Abdichtungsbahnen aus Polymerbitumen- und Bitumen werden nach DIN EN 13707 (Bahnen für die Dachabdichtung) oder DIN EN 13969 (Bahnen für die Bauwerksabdichtung) hergestellt. Abdichtungsbahnen aus Kunststoff oder Elastomeren werden nach DIN EN 13956 (Bahnen für die Dachabdichtung) oder DIN EN 13967 (Bahnen für die Bauwerksabdichtung) hergestellt.
(3) Die an diese Abdichtungsbahnen gestellten Mindestanforderungen sind in den jeweiligen Anwendungsnormen (DIN/TS 20000-201 für die Dachabdichtung, DIN/TS 20000-202 für die Bauwerksabdichtung) definiert. Der Anforderungsteil der Anwendungsnormen ist in die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) des DIBt aufgenommen. Der Verwendbarkeits- und Anwendbarkeitsnachweis bei Produkten, die nicht den vorgenannten Mindestanforderungen entsprechen, muss durch ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) oder durch ein europäisch technisches Bewertungsdokument erfolgen.
Anmerkung:
DIN EN 13707 „Abdichtungsbahnen - Bitumenbahnen mit Trägereinlage für Dachabdichtungen - Definitionen und Eigenschaften“
Diese Europäische Norm legt die Definitionen und Eigenschaften von Bitumenbahnen mit Trägereinlagen fest, die für Dachabdichtungen verwendet werden. Dies beinhaltet Bahnen, die als Oberlagen, Zwischenlagen und Unterlagen verwendet werden. Diese Europäische Norm umfasst keine Bitumenbahnen für Abdichtungen, die als Unterdeck- und Unterspannbahnen für Dachdeckungen verwendet werden.
DIN EN 13956 „Abdichtungsbahnen – Kunststoff- und Elastomerbahnen für Dachabdichtungen – Definitionen und Eigenschaften“
Diese Europäische Norm legt die Definitionen und Eigenschaften von Kunststoff- und Elastomerbahnen fest, die hauptsächlich für Dächer verwendet werden. Sie legt die Anforderungen und Prüfverfahren fest und schafft die Voraussetzungen für die Bewertung der Konformität der Produkte mit den Anforderungen dieser Europäischen Norm.
DIN/TS 20000-201 „Anwendung von Bauprodukten in Bauwerken – Teil 201: Anwendungsnorm für Abdichtungsbahnen nach Europäischen Produktnormen zur Verwendung in Dachabdichtungen“
Diese Norm legt für die in DIN EN 13956 und DIN EN 13707 angegebenen Eigenschaften anwendungsbezogene Anforderungen für die Verwendung in der Abdichtung nicht genutzter und genutzter Dächer sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen nach DIN 18531 fest und ordnet den Produkten Bezeichnungen und Kurzzeichen zu. DIN/TS 20000-201 gilt zusammen mit DIN EN 13956 und DIN EN 13707. In Abschnitt 5 werden anwendungsbezogene Anforderungen an die Produkte gestellt, die bauaufsichtlich in Bezug genommen werden. In Abschnitt 4 werden darüber hinaus weitere Anforderungen für Bahnen gestellt, die nach DIN 18531 verwendet werden.
Hinweis: Mit der Leistungserklärung gemäß EU-Bauproduktenverordnung erklärt der Hersteller, dass sein Bauprodukt den einschlägigen EU-Vorschriften entspricht. Nach außen wird diese Leistungserklärung mit dem Anbringen der CE-Kennzeichnung verbindlich. Damit übernimmt der Hersteller die Verantwortung für die Konformität des Produktes mit der erklärten Leistung und für die Einhaltung der geltenden europäischen Anforderungen.
2.2 Polymerbitumen- und Bitumenbahnen (#ddbau10366)
2.2.1 Allgemeines (#ddbau10367)
Polymerbitumen- und Bitumenbahnen bestehen i. d. R. aus Trägereinlagen und beidseitigen Bitumendeckschichten. Die Eigenschaften von Polymerbitumen- und Bitumenbahnen für Dach- und Bauwerksabdichtungen sind in harmonisierten europäischen Normen geregelt, z. B. DIN EN 13707 oder DIN EN 13969.
2.2.2 Aufbau (#ddbau10368)
(1) Trägereinlagen haben die Aufgabe, die Bitumenschichten zu armieren. Sie bestimmen die mechanischen Eigenschaften der Bahnen und das Verhalten bei der Verarbeitung in Abhängigkeit von der Verarbeitungstechnik, dem Untergrund und der Temperatur. Zudem beeinflussen sie bauphysikalische Kenngrößen wie z. B. den sd-Wert und das Brandverhalten von Bedachungen gegen Brandbeanspruchung von außen.
Die wesentlichen Eigenschaften der Trägereinlagen werden beschrieben durch:
- Festigkeit
- Dehnfähigkeit
- Einreiß- und Weiterreißfestigkeit
- Nagelausreißfestigkeit
- Perforationsbeständigkeit (bzw. -festigkeit)
- Maßhaltigkeit
- Dimensionsstabilität
- Gradheit
- Formstabilität und Planlage
- Haftfestigkeit des Bahnengefüges
- Dampfdiffusionswiderstand
- Brandverhalten
Gebräuchlich sind folgende Trägereinlagen:
- Glasvlies (V)
- Glasgewebe (G)
- Polyestervlies (PV)
- Kombinationsträgereinlage mit überwiegendem Glasanteil (KTG)
- Kombinationsträgereinlage mit überwiegendem Polyesteranteil (KTP)
- Metall-Kunststoff-Verbund (VCu, VAl); Anmerkung: Kupfer (Cu), Aluminium (Al)
Glasvlies (V)
Ein Glasvlies besteht aus einzelnen (monofilen) Glasfasern, die regellos orientiert, gleichmäßig verteilt und mit einem Binder verklebt sind. Glasvlies kann Verstärkungen aufweisen. Der Anteil an Glasfasern am Flächengewicht der Einlage beträgt mehr als 70 %.
Vorteile: Dimensionsstabilität, Maßhaltigkeit, Brandverhalten
Glasgewebe (G)
Textilglasgewebe, im Folgenden kurz Glasgewebe genannt, ist ein Gewebe, das vorzugsweise aus Glasfilamentgarn in der Kettrichtung und Glasstapelfaservorgarn in der Schussrichtung besteht und das mit einer wasserabweisenden Ausrüstung (Hydrophobausrüstung) versehen ist.
Vorteile: Dimensionsstabilität, Maßhaltigkeit, Brandverhalten, Festigkeit: z. B. Einreiß- und Weiterreißfestigkeit, Nagelausreißfestigkeit, Perforationsbeständigkeit (bzw. -festigkeit)
Polyestervlies (PV)
Ein Polyestervlies besteht aus Spinnfasern oder Filamenten aus Polyester (PES). Es ist vorverfestigt durch Vernadelung oder thermisch (T) oder durch Binder (B) endverfestigt. Der Anteil an Polyester am Flächengewicht der Einlage beträgt mehr als 75 %.
Vorteile: Dehnfähigkeit, Festigkeit: z. B. Einreißfestigkeit, Nagelausreißfestigkeit, Perforationsbeständigkeit (bzw. -festigkeit)
Kombinationsträgereinlage (KTG)
Eine Kombinationsträgereinlage mit überwiegendem Glasanteil besteht aus Vliesen (Glasvlies und/oder Polyestervlies) und Gelegen oder Geweben aus Kunststoff- und/oder Glasfäden. Der Anteil an Glasvlies und -fäden am Flächengewicht der Einlage beträgt mehr als 50 %.
Vorteile: Dimensionsstabilität, Brandverhalten, Festigkeit: z. B. Einreiß- und Weiterreißfestigkeit, Nagelausreißfestigkeit, Perforationsbeständigkeit (bzw. -festigkeit)
Kombinationsträgereinlage (KTP)
Eine Kombinationsträgereinlage mit überwiegendem Polyesteranteil besteht aus Vliesen (Glasvlies und/oder Polyestervlies) und Gelegen oder Geweben aus Kunststoff- und/oder Glasfäden. Der Anteil an Kunststoffvlies und -fäden am Flächengewicht der Einlage beträgt mehr als 50 %.
Vorteile: Dimensionsstabilität, Festigkeit: z. B. Einreißfestigkeit, Nagelausreißfestigkeit, Perforationsbeständigkeit (bzw. -festigkeit), Weiterreißfestigkeit
Metall-Kunststoff-Verbund (VCu, VAl)
Metallband (z. B. Kupfer (Cu), Aluminium (Al)), Metall-Kunststoffverbundfolien
Vorteile: hoher Diffusionswiderstand, Luftdichtigkeit
(2) Deckschichten beidseitig der Trägereinlage bestehen aus Bitumen oder Polymerbitumen. Sie sind maßgeblich für die Wasserdichtheit verantwortlich und bestimmen das Witterungs- und Temperaturverhalten sowie die Alterungsbeständigkeit der Bahnen. Sie bestimmen weiterhin in Verbindung mit der Trägereinlage die Flexibilität, Verarbeitbarkeit und das Langzeitverhalten.
Polymerbitumen hat im Vergleich zu Bitumen u. a. folgende besondere Leistungseigenschaften:
- hervorragendes Langzeitverhalten und Alterungsbeständigkeit
- erhöhte Wärmestandfestigkeit
- verbessertes Kaltbiegeverhalten sowie erhöhte Kälteflexibilität
Hinweis: Bei Witterungsverhältnissen, die sich nachteilig auf die Verarbeitung der Bahnen auswirken könnten, z. B. besonders hohe oder niedrige Außentemperaturen (siehe auch 3.4.1 (1)), kann die Einflussmöglichkeit der unterschiedlichen Arten von Deckschichten aus Polymerbitumen oder Bitumen auf die Verarbeitbarkeit genutzt werden.
Polymerbitumendeckschichten in Kombination mit Polyestervlies- und Kombinationsträgereinlagen ergeben sowohl bei Elastomerbitumen- als auch bei Plastomerbitumenbahnen hohe mechanische Widerstandsfähigkeit (z. B. Zugverhalten, Dehnfähigkeit und Perforationssicherheit).
Oberflächengestaltung/-ausrüstung von Polymerbitumen- und Bitumenbahnen: Je nach Einsatzzweck und Anforderung sind bei der Herstellung von Polymerbitumen- und Bitumenbahnen folgende Oberflächenausstattungen möglich:
- als mineralischer leichter Oberflächenschutz (z. B. Schieferplättchen, Granulat)
- als flächiger leichter Oberflächenschutz (z. B. Metallfolienkaschierung)
- als haftverbessernde Schichten (z. B. Sand bei der Verklebung mit Heißbitumen)
- als trennende Schichten (z. B. Folie auf der Unterseite von Schweißbahnen)
Hinweis: Farbabweichungen sind bei mineralisch bestreuten Polymerbitumen- und Bitumenbahnen auch trotz sorgfältigster Fertigungsverfahren nicht immer auszuschließen. Das liegt zum einen an der Bestreuung selbst, die ein Naturprodukt ist und insofern in Form und Farbe niemals einheitlich sein kann. Zum anderen können Bitumendeckschichten durch das Zusammenwirken von Wärme und Lagerung die Bestreuung verfärben. Erfahrungsgemäß bauen Witterungseinflüsse wie z. B. UV-Strahlung, Nass-Trocken-Zyklen, Niederschläge und Frost-Tau-Wechsel etwaige Farbunterschiede der Bestreuung verarbeiteter Bahnen innerhalb eines Jahres ab. Die technischen Eigenschaften werden durch diese Vorgänge nicht berührt. Dies gilt auch, wenn sich der Farbton der Bestreuung im Laufe der Nutzungsdauer insgesamt verändert.
2.2.3 Kurzzeichen (#ddbau10369)
Für die Kennzeichnung der verwendeten Polymerbitumen- und Bitumenbahnen gibt es Kurzzeichen, die in den deutschen Anwendungsnormen (z. B. DIN/TS 20000-201) festgelegt sind.
PYE | Elastomerbitumen (Bitumen modifiziert mit thermoplastischen Elastomeren) |
PYP | Plastomerbitumen (Bitumen modifiziert mit thermoplastischen Kunststoffen) |
PYE/PYP | Kombination Elastomerbitumen und Plastomerbitumen |
KSP | Kaltselbstklebende Polymerbitumenbahn |
KSK | Kaltselbstklebende Bitumen-Dichtungsbahn mit HDPE-Trägerfolie |
V (Zahl) | Glasvlies (Zahl bei V60 = Flächengewicht der Trägereinlage in g/m2; bei V13 = Gehalt an Löslichem in 1/100 des Gehaltes in g/m2) |
PV (Zahl) | Polyestervlies (Flächengewicht in g/m2) |
G (Zahl) | Glasgewebe (Flächengewicht in g/m2) |
VCu | Verbundträger aus Glasvlies 60 g/m2 nach DIN 52141 mit Polyester-Kupferfolienverbund > 0,03 mm |
Cu01 | Kupferbandträgereinlage aus Kupferband 0,1 mm nach DIN EN 1652 |
KTG | Kombinationsträgereinlage mit überwiegendem Glasanteil |
KTP | Kombinationsträgereinlage mit überwiegendem Polyesteranteil |
S (Zahl) | Schweißbahn (Dicke der unbestreuten Bahn in mm) |
DD | Dachdichtungsbahn |
Zahl | Dicke der Bahn in mm |

2.2.4 Bahnenarten (#ddbau10370)
2.2.4.1 Bitumenbahnen (#ddbau10371)
Bitumenbahnen sind Bahnen mit Trägereinlagen und beidseitigen Deckschichten aus Bitumen.
2.2.4.2 Polymerbitumenbahnen (#ddbau10372)
Polymerbitumenbahnen sind Bahnen mit Trägereinlagen und beidseitigen Deckschichten aus Polymerbitumen.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Arten von Polymerbitumen:
- Elastomerbitumen PYE
- Plastomerbitumen PYP
(1) Elastomerbitumen besteht aus Destillationsbitumen, das mit Elastomeren z. B. SBS (Styrol-Butadien-Styrol) modifiziert ist. Besondere Eigenschaften von Elastomerbitumenbahnen sind:
- geringe Temperaturempfindlichkeit bei der Nutzung
- hohe Wärmestandfestigkeit, auch unter Berücksichtigung gravierender Temperaturwechsel
- sehr hohe Kälteflexibilität
- ausgeprägtes elastisches Verhalten
- lange Lebens-/Nutzungsdauer mit hoher Witterungs- und Alterungsbeständigkeit
- gute Verklebbarkeit von Elastomerbitumen-Dachdichtungsbahnen mit Elastomerbitumen-Heißklebemasse oder Heißbitumen 100/25
- ausgezeichnete Verschweißbarkeit mit Elastomerbitumen-Schweißbahnen
(2) Plastomerbitumen besteht aus Destillationsbitumen, das mit Plastomeren z. B. APP (ataktischem Polypropylen) modifiziert ist. Besondere Eigenschaften von Plastomerbitumenbahnen sind:
- geringe Temperaturempfindlichkeit bei der Nutzung
- sehr hohe Wärmestandfestigkeit und hohe Kälteflexibilität
- plastisches Verhalten, das der Bahn gleichzeitig eine hohe Flächenstabilität verleiht
- lange Lebens-/Nutzungsdauer mit hoher Witterungs- und Alterungsbeständigkeit
- gute Verschweißbarkeit mit Plastomerbitumen-Schweißbahnen
2.2.4.3 Kaltselbstklebende Polymerbitumenbahnen (#ddbau10373)
Kaltselbstklebende Polymerbitumenbahnen sind Bahnen mit Trägereinlagen und beidseitigen Deckschichten aus Polymerbitumen. Die unterseitige Deckschicht ist werkseitig kaltselbstklebend ausgerüstet.
Kaltselbstklebende Polymerbitumenbahnen werden gegenüber den herkömmlichen Bahnen bei folgenden Anwendungsfällen bevorzugt:
- temperaturempfindliche Unterkonstruktionen und Details
- nutzungsbedingt brand- und explosionssensible Bereiche, in denen hohe Temperaturen oder offene Flamme bei der Verlegung zu vermeiden sind
- schwierige baukonstruktive Dachformen (stark geneigte Flächen, Sheddächer etc.)
Im Systemaufbau können kaltselbstklebende Bahnen als Dampfsperre, Unter- und Oberlage zum Einsatz kommen.
2.2.5 Hochwertbahnen (#ddbau10374)
(1) In den Anwendungsnormen DIN/TS 20000-201, DIN/TS 20000-202 und DIN/TS 20000-203 sind Mindestanforderungen an Polymerbitumen- und Bitumenbahnen definiert.
(2) In der Praxis werden jedoch häufig höhere Anforderungen an eine Abdichtung gestellt. Dies führte zur Entwicklung von höherwertigen Bahnen aus Polymerbitumen mit Eigenschaften, die weit über den Mindestanforderungen liegen. Diese Hochwertbahnen bieten bessere Leistungseigenschaften als die genormten Standardbahnen und ein höheres Sicherheitsniveau.
(3) Sie werden überall dort eingesetzt, wo hohe Qualität, baustellengerechte Verarbeitung und langfristige Funktionstüchtigkeit gefragt sind. Im Dachschichtenpaket werden sie als Bahnen für Ober-, Zwischen- und Unterlagen sowie Dampfsperrbahnen und für die einlagige Verlegung verwendet.
(4) Sie enthalten hochwertige Polymerbitumen-Deckschichten, bestehend aus besonderen Elastomer- und/oder Plastomerbitumenrezepturen mit hoher Wärmestandfestigkeit, Kälteflexibilität und Alterungsbeständigkeit, sowie besonders beanspruchbare Trägereinlagen, z. B.:
- Kombinationsträgereinlagen mit hoher Reißfestigkeit, Dehnfähigkeit und Perforationssicherheit bei Abdichtungsbahnen
- Aluminium-Kunststoff-Verbundeinlagen mit hoher Durchtrittfestigkeit und Perforationssicherheit bei Dampfsperrbahnen.
2.3 Kunststoff- und Elastomerbahnen (#ddbau10375)
2.3.1 Allgemeines (#ddbau10376)
Kunststoff- und Elastomerbahnen bestehen aus Werkstoffen, die für sie namensgebend und eigenschaftsbestimmend sind. Die Bahnen können Verstärkungen, Einlagen, Kaschierungen, Selbstklebe- oder Polymerbitumenschichten sowie Kombinationen davon enthalten. Kunststoff- und Elastomerbahnen sind für die einlagige Abdichtung von Dächern und Bauwerken vorgesehen. Die Eigenschaften von Abdichtungsbahnen für die Dach- und Bauwerksabdichtung sind in den harmonisierten europäischen Normen geregelt, z. B. DIN EN 13956 und DIN EN 13967.
2.3.2 Bahnenarten (#ddbau10377)
Kunststoff- und Elastomerbahnen können aus Werkstoffen auf Basis von Thermoplasten, thermoplastischen Elastomeren oder Elastomeren hergestellt sein.
Die Bahnen können in verschiedenen Herstellverfahren z. B. extrudiert oder kalandriert gefertigt werden. Das Fertigungsverfahren hat auf die Funktion und maßgeblichen Eigenschaften der Kunststoff- und Elastomerbahnen keinen Einfluss.
Die jeweiligen Werkstoffe sind der namensgebende Bestandteil der Abdichtungsbahnen und bestimmen die grundlegenden Eigenschaften der Bahnen.
ECB
ECB-Abdichtungsbahnen verbinden die Eigenschaften von Bitumen mit denen des Polyethylen-Copolymerisats (eines Kunststoffs) zu einem thermoplastischen Werkstoff – dem ECB. Diese Kunststoffabdichtungsbahnen aus ECB sind bitumenverträglich und dauerhaft flexibel. Die Nahtfügung wird mittels Heißluftschweißen hergestellt.
EVA
EVAC-Abdichtungsbahnen (Ethylen-Vinylacetat-Copolymer, in Deutschland kurz mit EVA bezeichnet) bestehen aus einer Hochpolymerlegierung aus EVA-Terpolymer und PVC sowie Zusatzstoffen. Ethylen-Vinylacetat ist der namensgebende und eigenschaftsbestimmende Bestandteil von thermoplastischen EVA-Kunststoffbahnen. Die Abdichtungsbahnen sind bitumenverträglich und dauerhaft elastisch. Die Nahtfügung wird mittels Heißluft- oder Quellschweißen hergestellt.
FPO
FPO-Abdichtungsbahnen bestehen aus copolymeren Legierungen von Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP). Die Flexibilität des Materials wird ausschließlich durch die Kombination unterschiedlicher Copolymere und thermoplastischen Weichkomponenten erzielt. Neben den Polymeren ist die Art und der Gehalt der Flammschutzmittel eigenschaftsbestimmend. Außerhalb Europas (International) wird der Werkstoff auch als TPO (Thermoplastic Polyolefine) bezeichnet.
FPO-Abdichtungsbahnen enthalten in der Regel keine Halogene. Die Bahnen sind bitumenverträglich, weisen eine hohe chemische Beständigkeit auf und sind dauerhaft flexibel. Die Nahtfügung wird mittels Heißluftschweißen vorgenommen.
PIB
PIB-Abdichtungsbahnen bestehen aus Polyisobutylen (PIB), einem Material von fester Konsistenz und kautschukartiger Beschaffenheit. PIB-Abdichtungsbahnen verfügen über ein elastisch-plastisches Verformungsverhalten. Die Bahnen sind bitumenverträglich, weisen eine hohe chemische Beständigkeit auf und sind dauerhaft flexibel. Sie werden mittels Heißluftschweißen, Quellschweißen oder Nahtfügeband gefügt.
PVC-P (bitumenverträglich BV oder nicht bitumenverträglich NB)
PVC-Abdichtungsbahnen werden entweder monomer weichgemacht oder mit polymeren Weichmachern ausgerüstet. Die Art der Weichmachung ist wesentliches eigenschaftsbestimmendes Merkmal und klassifiziert die PVC-Abdichtungsbahnen signifikant. Sie werden deshalb technisch als PVC-P-Abdichtungsbahnen bezeichnet (P: plasticized = weichgemacht). Monomer weichgemachte PVC-P-Abdichtungsbahnen sind nicht bitumenverträglich (PVC-P NB) und sehr weit verbreitet. Polymer weichgemachte PVC-P-Abdichtungsbahnen sind bitumenverträglich (PVC-P BV) und höherwertiger. Die Nahtfügung erfolgt mittels Heißluft- oder Quellschweißen.
TPE
TPE-Abdichtungsbahnen bestehen aus einer Hochpolymerlegierung von Elastomeren und PP und/oder PE. Charakteristisch für TPE-Bahnen ist die Kombination von elastischen Gummieigenschaften mit der Möglichkeit der thermoplastischen Verarbeitung der Abdichtungsbahnen. TPE-Bahnen sind chemisch hoch beständig und dauerhaft flexibel. Die Nahtfügung erfolgt mittels Heißluftschweißen.
EPDM
EPDM-Abdichtungsbahnen bestehen aus einer Mischung aus Ethylen, Propylen und einem Synthesekautschuk mit vernetzbaren Doppelbindungen. Sie sind aufgrund ihrer molekularen Netzstruktur elastomere Werkstoffe und chemisch hoch beständig sowie dauerhaft flexibel. EPDM-Abdichtungsbahnen mit thermoplastischen Eigenschaften oder Schichten (z. B. aus Polymerbitumen) werden heißluftgeschweißt. Je nach Produkt können die Nähte auch mit Nahtfügebändern gefügt werden.
2.3.3 Aufbau (#ddbau10378)
(1) Kunststoff- und Elastomerbahnen werden als homogene Bahnen, Bahnen mit Verstärkung oder Bahnen mit Einlage sowie als Bahnen mit einer Kombination aus Verstärkung und Einlage hergestellt. Sie können zusätzlich unterseitig mit Kaschierungen aus Vliesen, Geweben, Selbstklebe- oder Polymerbitumenschichten ausgerüstet sein.
(2) Verstärkungen und Einlagen bestimmen die mechanischen Eigenschaften, die Verarbeitung sowie das Brandverhalten von Kunststoff- und Elastomerbahnen.
Beeinflusst werden insbesondere:
- Festigkeit
- Dehnfähigkeit
- Weiterreißkraft
- Nagelausreißfestigkeit
- Maßhaltigkeit und Dimensionsstabilität
- Geradheit und Planlage
- Brandverhalten
Verstärkungen und Einlagen sind in der Regel in die Kunststoff- oder Elastomerbahn eingebettet.
Gebräuchliche Werkstoffe für Verstärkungen sind Kunstfasergelege oder -Gewebe sowie Glasgelege oder -Gewebe. Als Einlagen werden Glasvliese verwendet. Kombinationen von Geweben/Gelegen und Glasvliesen verbinden die jeweiligen Eigenschaften.
Glasvlies (GV)
Ein Glasvlies besteht aus einzelnen (monofilen) Glasfasern, die regellos orientiert, gleichmäßig verteilt und mit einem Binder verklebt sind. Glasvlies kann Verstärkungen aufweisen.
Vorteile: Dimensionsstabilität, Maßhaltigkeit, Brandverhalten
Glasgewebe/-Gelege (GG)
Glasgewebe besteht aus Glasfilamentgarn in Kett- und Schussrichtung. Es ist mit einer wasserabweisenden Ausrüstung (hydrophob) versehen. Glasgelege sind im Unterschied zu Glasgeweben nicht miteinander verwoben.
Vorteile: Dimensionsstabilität, Maßhaltigkeit, Festigkeit, Weiterreißwiderstand, Ausreißfestigkeit Perforationsfestigkeit, Brandverhalten
Polyestergewebe/-Gelege (PG)
Polyestergewebe/-Gelege werden allgemein als Synthesefaserverstärkung bezeichnet. Diese Verstärkungen sind Gewebe- oder Gelege aus Polyester (PES)-Multifilamentgarn in Kett- und Schussrichtung. Die Fäden sind entweder gewebt oder gelegt und mit einer wasserabweisenden Ausrüstung versehen.
Vorteile: Festigkeit, Weiterreißwiderstand, Ausreißfestigkeit, Perforationsfestigkeit, Dimensionsstabilität, Dehnfähigkeit
(3) Kaschierungen haben die Aufgabe, Kunststoff- und Elastomerbahnen mit besonderen mechanischen Eigenschaften auszustatten und gleichzeitig als Trenn- oder Ausgleichslage zu wirken. Sie können auch als Haftvermittler für geklebte Aufbauten mit zusätzlichen Systemklebstoffen, z. B. Polyurethan (PU)-Klebstoffen, dienen.
Gebräuchliche Werkstoffe für Kaschierungen sind Polyester-, Polypropylen- oder Glasvliese.
Polyestervlies (PV)
Ein Polyestervlies besteht aus Fasern aus Polyester (PES). Es ist vorverfestigt durch Vernadelung oder Wärme und thermisch (T) oder durch Binder (B) endverfestigt.
Vorteile: Festigkeit, Dehnfähigkeit, Ausreißfestigkeit, Perforationsfestigkeit
Polypropylenvlies (PPV)
Ein Polypropylenvlies ist ein Spinn- oder Stapelfaservlies aus Fasern des Werkstoffes Polypropylen (PP). Es ist thermisch verfestigt.
Vorteile: Festigkeit, Dehnfähigkeit, Durchstoßfestigkeit, Druckfestigkeit, keine Binderanteile
Glasvlies (GV)
Ein Glasvlies besteht aus einzelnen (monofilen) Glasfasern, die regellos orientiert, gleichmäßig verteilt und mit einem Binder verklebt sind. Glasvlies kann Verstärkungen aufweisen.
Vorteile: Dimensionsstabilität, Maßhaltigkeit, Brandverhalten
(4) Selbstklebeschichten haben die Aufgabe, auf geeigneten Untergründen die Lagesicherung ohne die Verwendung von mechanischen Befestigungs- oder Auflastsystemen dauerhaft herzustellen.
Übliche Werkstoffe für Selbstklebeschichten bestehen aus Butyl, Synthesekautschuk, Acrylat oder Polymerbitumen.
Selbstklebeschichten (SK) aus Butyl, Acrylat oder Synthesekautschuk sind vollflächige bitumenfreie Klebesysteme. Sie dienen ausschließlich der Lagesicherung und sind für die Nahtfügung nicht geeignet. Diese erfolgt nach den jeweiligen werkstoffspezifischen Nahtfügeverfahren (siehe Kap. 3.4.6.2.2).
Vorteile: schnelle Windsogsicherung ohne mechanische Fixierung, saubere Verlegung, ggf. Dampfdruckausgleich.
Polymerbitumenschichten (PBS) sind unterseitige Polymerbitumenmassen zur Verklebung der Bahnen. Je nach Typ können sie kalt verklebt oder thermisch aktiviert werden. Damit erfolgt die Lagesicherung. Ggf. können sie auch für die Nahtfügung eingesetzt werden. Diese erfolgt nach den jeweiligen werkstoffspezifischen Nahtfügeverfahren (siehe Kap. 3.4.6.2.2).
Vorteile: schnelle Windsogsicherung ohne mechanische Fixierung, durchgehende unterseitige Klebeschicht, ggf. Dampfdruckausgleich
2.3.4 Kurzzeichen (#ddbau10379)
Für die Kennzeichnung der verwendeten Kunststoff- und Elastomerbahnen gibt es Kurzzeichen, die in den deutschen Anwendungsnormen (z. B. DIN/TS 20000-201) festgelegt sind.
Zur Beschreibung der Werkstoffe, aus denen Kunststoff- und Elastomerbahnen hergestellt sein können, werden folgende Kurzzeichen verwendet:
ECB | Ethylencopolymerisat-Bitumen |
EVA | Ethylen-Vinylacetat-Terpolymer/-Copolymer |
FPO | Flexibles Polyolefin (auf Basis PE oder PP) |
PIB | Polyisobutylen |
PVC-P | Polyvinylchlorid (-Plasticised) |
TPE | Thermoplastische Elastomere, nicht vernetzt oder teilvernetzt |
EPDM | Ethylen-Propylen-Dien-Terpolymer (Mixture), vernetzt |
Zur weiteren Stoffbeschreibung werden neben der Werkstoffbezeichnung folgende Kurzzeichen verwendet:
K | kaschiert |
V | verstärkt |
E | Einlage |
BV | bitumenverträglich |
NB | nicht bitumenverträglich |
SK | Selbstklebeschicht |
PBS | Polymerbitumenschicht |
Zahl | Nenndicke in mm |
GV | Glasvlies |
PV | Polyestervlies |
PPV | Polypropylenvlies |
GG | Glasgittergelege/-gewebe |
PG | Polyestergewebe/-gelege |

2.3.5 Hochwertbahnen (#ddbau10380)
(1) Die Mindestanforderungen an Kunststoff- und Elastomerbahnen werden in den Anwendungsnormen DIN/TS 20000-201 und DIN/TS 20000-202 definiert.
(2) Besondere Praxisanforderungen wie längere Nutzungsdauer und größere Widerstandsfähigkeit können Eigenschaften erfordern, die über den definierten Mindestanforderungen liegen.
(3) Für Kunststoff- und Elastomerbahnen können die Eigenschaften verbessert werden z. B. durch:
- die Dicke der Abdichtungsbahn
- die Dicke der oberen Schicht im Verhältnis zur Gesamtdicke
- die Art und Konstruktion der Verstärkungslage/Kaschierung
- die Auswahl der Werkstoffe
(4) Die Auswahl höherwertiger Kunststoff- und Elastomerbahnen ermöglicht ein höheres Sicherheitsniveau für Bauherren, Planer und Verarbeiter.