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Klischeedenken ist Schnee von gestern: Warum Flachdächer bei Schneemassen sogar sinnvoll sind

Wetter: Schneechaos in Bayern

21.03.2023

Klischeedenken ist Schnee von gestern: Warum Flachdächer bei Schneemassen sogar sinnvoll sind

Wetter: Schneechaos in Bayern

Schnee wohin das Auge reicht… und vor allem auch beim Blick nach oben auf die Dächer – so der aktuell Ist-Zustand in vielen alpinen Regionen und großen Teilen Süddeutschlands. Die Medien zeigten tatkräftig schippende Einsatzkräfte auf Hausdächern, denen die liegengebliebenen weißen Massen buchstäblich „über den Kopf gewachsen“ sind. Trotz aller Bemühungen kam es vereinzelt zu einstürzenden Dachkonstruktionen im überdimensionalen Schneechaos in der ersten Januarhälfte.

Flaches Dach wirklich primärerer Risikofaktor?

Und automatisch stellt sich die Frage: Was muss ein Dach eigentlich aushalten können? Schnell wird nicht selten ohne kritisches Hinterfragen ein „Schuldiger“ ausgemacht. „Flachdächer sind einsturzgefährdeter, weil sie ja viel mehr Last tragen müssen als beispielsweise Satteldächer, von denen ein Großteil der Schneemengen einfach wieder runterrutscht“, so der gern propagierte Tenor. Es liegt so schön auf der Hand, weil das die für jeden Laien auf den ersten Blick einleuchtende Schlussfolgerung ist.

Die Realität sieht allerdings wie so oft deutlich komplexer aus, erfordert Differenzierung und das Beleuchten verlässlicher Kriterien. Denn wie viel Schnee ein Dach aushält, hängt nicht allein von der Dachform ab. Eine Vielzahl von Kriterien spielt eine Rolle, wenn valide Aussagen über die Tragfähigkeit einer Dachkonstruktion gemacht werden sollen.

Verlässliche Fakten statt „Pi mal Daumen“: Welche Schneelast hält ein Dach aus?

Fakt ist: Für jedes Dach – egal ob Flach-, Sattel-, Pult- oder Bogendach – wird eine individuelle, statische Berechnung gemacht. Die Schneelast, die eine Dachkonstruktion aushalten muss, richtet sich nach festgelegten europäischen Normen. Zwei essentielle Kriterien sind hierbei die Klimazonen sowie die topografische Höhenlage.

Die Intensität einer Schneelast wird hierzulande entsprechend der DIN EN 1991-1-3 (besser bekannt als Eurocode 1/EC1: Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1-3: Allgemeine Einwirkungen, Schneelasten) regional in fünf Schneelastzonen unterteilt. Dabei unterscheidet man von der intensivitätsärmsten Zone 1 bis hin zur intensitätsstärksten Zone 3. So lässt sich Berlin, mit einer maximalen Last von 85kg pro m2, beispielsweise in die Schneelastzone 2 kategorisieren, während Gebiete wie der Harz, das Erzgebirge oder sie Alpen zur Klasse 3 zählen. Nicht selten liegt hier der Schnee 1,50 m hoch, was einem Gewicht von 300 kg pro mentspricht. Diese Angaben sollten ebenfalls noch weiter selektiert werden, denn auch die Art und Dichte des Schnees sind entscheidend: Pulverschnee wiegt nur etwa halb so viel wie Pappschnee, Eisplatten hingegen wiegen etwa 900 kg pro Kubikmeter.

Ein weiterer Faktor ist die Dachform bei der Berechnung der Schneelast nach DIN EN 1991-1-3. Hierzu stellt sich ebenfalls die Frage, welche Last in der Erbauungszeit eines Gebäudes normativ angesetzt war. Wenn statische Berechnungen nicht vorliegen, kann die zuständige Bauaufsichtsbehörde, das örtliche Bauamt oder ein versierter Statiker helfen. Grundsätzlich steht fest: In Deutschland ist akribisch geregelt, für welche Schneelast ein Gebäude an welchem Ort gewappnet sein muss und dass z. B. in besonders schneereichen Gebieten die Gebäudestatik um etwa 15 bis 40 % verstärkt sein muss.

Welche Rolle spielt die optimale Abdichtung?

Ein sicheres Dach erfordert eine optimale Statik und eine gewissenhafte Bauausführung. Materialfehler in der Tragkonstruktion, baukonstruktive Mängel bei den ausgeführten Arbeiten oder das Ignorieren relevanter Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten über die Jahre hinweg können Dacheinstürze unter extremen Witterungsbedingungen wie massivem Schneefall begünstigen. Ist die Qualität einer Baukonstruktion mangelhaft, so ist es demzufolge nahezu irrelevant, ob ein Gebäude steil oder flach bedacht ist.

Die aktuelle Ausnahmesituation in vielen Teilen Bayerns zeigte einmal mehr, wie unerlässlich es ist, bei Planung und Errichtung von Bauwerken hochwertige Materialien einzusetzen und auf eine maximal fachgerechte Ausführung zu achten. Nicht zuletzt die Auswahl hochwertiger Abdichtungsmaterialien spielt bei einer bestmöglichen Tragfähigkeit einer Dachkonstruktion eine im wahrsten Sinne „tragende Rolle“. Wenngleich natürlich auch die beste Abdichtung eine fehlerhafte Gebäudestatik nicht kompensieren kann. Dennoch gilt: Abdichtungen mit Bitumenbahnen eignen sich optimal, wenn Gebäude extremen Wetterereignissen ausgesetzt sind. Trägereinlagen und Bitumenschichten sind so aufeinander abgestimmt, dass Abdichtungsbahnen dauerhaft jeder Beanspruchung standhalten, denen Flachdachkonstruktionen ausgesetzt sind – auch massivem Schneefall. Sie sind langlebig, widerstandsfähig und robust und zeichnen sich durch eine hohe thermische und mechanische Belastbarkeit aus.

Fazit: Wer billig baut, baut zweimal…

Grundsätzlich sind Experten sich einig, dass zusätzlich zu all den genannten Kriterien nur eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen Planern, Architekten und Bauherren gewährleistet, dass ein Dach auch unter erheblichen Belastungen jahrelang zuverlässig seine Schutzfunktion erfüllt.

Das Problem sind nicht die Flachdächer, sondern oftmals das zeitgenössische, wartungsfreie Billig-Bauen mit wenig belastbaren Zweckmaterialien. Und das in einer Zeit, in der Gebäude und deren Abdichtungen immer stärkeren Belastungen wie extremen Wetterereignissen standhalten müssen. Als Folge des Klimawandels werden solche voraussichtlich zukünftig in Häufigkeit und Stärke noch zunehmen, Bauwerke in verschneiten Katastrophenregionen geraten also durch klimatische Veränderungen zunehmend in Gefahr. Aus diesem Grund sollte der Thematik des vorausschauenden Planens und Bauens ein deutlich höherer Stellenwert eingeräumt werden.

Der vdd Industrieverband Dach- und Dichtungsbahnen e.V. befasst sich seit Jahren mit dem Thema Klimaveränderung und den Auswirkungen auf das Bauen. Neben dem aktuellen Thema Schneelasten gibt es weitere Schreckgespenster des Bauherrn: Stürme, Starkregen und Hagelschläge sind extreme Wetterereignisse, die mit der Klimaveränderung weiter an Häufigkeit und Stärke zunehmen werden. Sicher ist, dass Gebäudeabdichtungen heute und vor allem in Zukunft wesentlich stärkeren Belastungen standhalten müssen als in der Vergangenheit. Die aktuelle Situation zeigt, wie wichtig es ist, bei der Planung und Erstellung von Bauwerken hochwertige Materialien einzusetzen.

Das sichere Dach über dem Kopf ist eines der wesentlichen Grundbedürfnisse des Menschen. Dies durch eine optimale Statik, eine gewissenhafte Bauausführung und die Wahl hochwertiger Abdichtungsmaterialien sicher zu stellen, darauf sollte in Zukunft alle Aufmerksamkeit gerichtet sein.

Alle Informationen zur Planung und Ausführung von Abdichtungen mit Bitumenbahnen auf Basis der aktuellen Normung liefern die „Technischen Regeln – abc der Bitumenbahnen“

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