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Fagus-Werk

Licht, Luft und Raum

25.10.2022

Baujahr: 1911

Alfeld

© Fagus Werk Alfeld, Fotoquelle: GreCon

Kompakt

Objekt: Fagus-Werk
Standort: Alfeld
Architekt 1911: Walter Gropius
Sanierungsplanung: Architekturbüro Köhnemann, Hamburg
Dachabdichtung: Dachdeckermeister Roland Busch GmbH, Alfeld

Fagus-Werk

Im Juni 2011 ist das Fagus-Werk im niedersächsischen Alfeld in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten aufgenommen worden. Die in drei Bauabschnitten seit 1911 errichtete Schuhleistenfabrik war das erste größere Projekt des damals noch unbekannten Walter Gropius, dem später erfolgreichen Architekten und Leiter des Bauhauses bis 1927. Mit seinen innovativen Ideen gelang es dem erst 28 Jahre alten Gropius den Fabrikanten Carl Benscheidt zu überzeugen. Der mutige Bauherr konnte mit diesem Bau seine Einstellung zu seinen Mitarbeitern realisieren "Unser Reichtum sind nicht unsere Maschinen und Gebäude, sondern das Wissen und das Können und die Einsatzbereitschaft unserer Mitarbeiter”. Rückblickend betrachtet markiert dieses Bauwerk den Beginn der modernen Industriearchitektur.

Im Zentrum des funktionalistischen Industriekomplexes steht das dreigeschossige Werkstattgebäude mit seiner klaren kubischen Form. Grundlegendes Konstruktionsmerkmal des Gebäudes ist die seinerzeit radikal moderne Skelettbauweise. Die neue Technik bot Gropius und seinem Mitarbeiter Adolf Meyer die Möglichkeit, die Außenhülle des schmalen Baukörpers als großflächige Vorhangfassade aus Glas auszubilden, um so in sämtlichen Bereichen eine helle und luftige Arbeitsatmosphäre für die Mitarbeiter der Fabrik zu erzeugen. Zusätzlich betont wird der leichte, für damalige Verhältnisse beinahe schwerelose Charakter der Architektur durch die stützenfreien, ebenfalls mit Glas ausgebildeten Ecken des Gebäudes. Für den Sockelbereich des Werkstattgebäudes wurden ergänzend dunkelgelbe Klinker eingesetzt.

Bis heute wird im Fagus-Werk seit mittlerweile einhundert Jahren ununterbrochen produziert, zum Teil immer noch die traditionellen Fagus-Schuhleisten. Schon 1920 entstand ein weiterer Unternehmensteil, der heute unter dem Namen GreCon führend ist bei der Herstellung und Entwicklung von Messtechnik und Brandschutzsystemen für Anwendungen in vielen Branchen. Im dritten Geschäftsbereich Maschinenbau werden Keilzinkanlagen hergestellt. Aufgrund der Erweiterung der Produktionspalette ist im Laufe der Zeit der Maschinenpark des Unternehmens mehrfach nachgerüstet und ausgetauscht worden. Trotz Umnutzung und Funktionswandel hat dabei der Komplex in sämtlichen Teilen sein ursprüngliches Aussehen bewahrt.

1984 wurde eine umfangreiche Sanierung des seit 1946 als Baudenkmal eingestuften Gebäudes entsprechend den strengen Gestaltungs- und Materialvorgaben von Walter Gropius durchgeführt. Neben einer denkmalgerechten Sanierung des Glasvorhangs erfolgte dabei auch eine komplette Erneuerung des großflächigen Flachdaches.

Sukzessive Neueindeckung des Daches

Zum Zeitpunkt der Errichtung war die rund 3.000 m² große Dachfläche des Werkstattgebäudes wie seinerzeit üblich mit Teerpappe abgedichtet worden. Das leichte Gefälle ermöglicht dabei einen zuverlässigen und von außen unsichtbaren Ablauf des Regenwassers in die Stützenkonstruktion des Gebäudes. Bis in die 1960er-Jahre hinein wurde im Rahmen der regelmäßig anfallenden Dachreparaturen ebenfalls Teer verwendet. Erst danach kamen sukzessive Bitumenbahnen zum Einsatz, um so eine zuverlässige Abdichtung der Gebäude zu erreichen.

Eine grundlegende Erneuerung des Daches erfolgte erst 1984 im Rahmen der Gesamtsanierung des Gebäudes. In Erwartung weiterer konstruktiver Besonderheiten hatte das ausführende Architekturbüro Köhnemann aus Hamburg seinerzeit in Zusammenarbeit mit der Werksleitung und dem Denkmalschutz beschlossen, das Dach komplett zu öffnen. „Nachdem die Beteiligten dabei aber lediglich auf eine einfache Dachbalkenkonstruktion gestoßen waren, wurde das Dach anschließend komplett mit Polystyrol gedämmt und mit Bitumenbahnen abgedichtet“, berichtet Dachdeckermeister Roland Busch, der mit seinem vor Ort ansässigen Betrieb seit rund 25 Jahren mit den Inspektionen und Dacharbeiten an den verschiedenen Gebäuden des Komplexes betraut ist.

Nach dieser umfangreichen Erneuerung erfolgten bis heute ausschließlich kleinere Maßnahmen im Dachbereich. Abweichend vom Bestand kommen dabei inzwischen moderne Polymerbitumenschweißbahnen zum Einsatz, die in der Regel auf die vorhandenen Bahnen aufgeschweißt werden. „Eine zentrale Auflage des Denkmalschutzes ist dabei die Verwendung von dunklen, anthrazitfarbenen Dachbahnen“, berichtet Roland Busch. „Darüber hinaus müssen sämtliche An- und Abschlüsse entsprechend den historischen Vorgaben umgesetzt werden. Das betrifft neben den schmalen, mit Zink verblendeten Ansichtskanten der Fenster und der Mauerwerksabdeckungen insbesondere auch die kastenförmigen Fallrohre, die so gar nicht mehr hergestellt werden und die wir daher komplett von Hand fertigen müssen.“ Um die denkmalgerechte Optik des Gebäudes zu erhalten, erfolgen viele der Eingriffe ganz bewusst gegen geltende Richtlinien – „da müssen wir häufig ziemlich improvisieren. Aber schließlich handelt es sich bei dem Fagus-Werk ja inzwischen auch um ein Weltkulturerbe“, so Roland Busch sichtlich stolz.

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