abc der Bitumenbahnen

Technische Regeln für die Planung und Ausführung von Abdichtungen mit Polymerbitumen- und Bitumenbahnen

2: Polymerbitumen- und Bitumenbahnen

2.1: Allgemeines (#ddbau10001)

(1) Bahnen für die Abdichtung von nicht genutzten und genutzten Dachflächen müssen für den Verwendungszweck geeignet sowie aufeinander und auf die Unterlage der Abdichtung abgestimmt sein. Die im jeweiligen Einzelfall für die Abdichtung von Dächern geeigneten Werkstoffe und der zweckmäßige Schichtenaufbau von Dämmung und Abdichtung müssen bereits bei der Planung des Daches festgelegt werden.

Für eine dauerhafte Funktionstüchtigkeit der Abdichtung kommt der richtigen Auswahl der Bahnen und des Aufbaus eine entscheidende Bedeutung zu.

(2) Polymerbitumen- und Bitumenbahnen bestehen i. d. R. aus Trägereinlagen und beidseitigen Bitumendeckschichten.

Die Eigenschaften von Polymerbitumen- und Bitumenbahnen für Dach- und Bauwerksabdichtungen sind in den europäischen Normen geregelt, z. B. DIN EN 13707, DIN EN 13969. Die anwendungsbezogenen Mindestanforderungen an Polymerbitumen- und Bitumenbahnen sind in den jeweiligen Anwendungsnormen (DIN SPEC 20000-201, DIN SPEC 20000-202, DIN V 20000-203) definiert.

Der Anforderungsteil der Anwendungsnormen ist in die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) des DIBt aufgenommen. Der Verwendbarkeits- und Anwendbarkeitsnachweis bei Produkten, die nicht den vorgenannten Mindestanforderungen entsprechen, muss durch ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) oder durch ein europäisch technisches Bewertungsdokument erfolgen.

2.2: Aufbau (#ddbau10002)

(1) Trägereinlagen haben die Aufgabe, die Bitumenschichten zu armieren. Sie bestimmen das mechanische Verhalten der Bahnen und das Verhalten bei der Verarbeitung in Abhängigkeit von der Verarbeitungstechnik, dem Untergrund und der Temperatur.

Sie nehmen weiterhin Einfluss auf bauphysikalische Kenngrößen wie den sd-Wert und auf das Brandverhalten von Bedachungen gegen Brandbeanspruchung von außen. Die wesentlichen Eigenschaften werden beschrieben durch:

  • Festigkeit
  • Dehnfähigkeit
  • Einreiß- und Weiterreißfestigkeit
  • Nagelausreißfestigkeit
  • Perforationsbeständigkeit (oder -festigkeit)
  • Maßhaltigkeit
  • Dimensionsstabilität
  • Gradheit
  • Formstabilität und Planlage
  • Haftfestigkeit des Bahnengefüges
  • Dampfdiffusionswiderstand
  • Brandverhalten

Gebräuchlich sind folgende Trägereinlagen:

  • Polyestervlies (PV)
  • Glasgewebe (G)
  • Glasvlies (V)
  • Kombinationsträgereinlage mit überwiegendem Glasanteil (KTG)
  • Kombinationsträgereinlage mit überwiegendem Polyesteranteil (KTP)
  • Metall-Kunststoff-Verbund (Vcu, VAl)

Glasvlies (V)

Ein Glasvlies besteht aus einzelnen (monofilen) Glasfasern, die regellos orientiert, gleichmäßig verteilt und mit einem Binder verklebt sind. Glasvlies kann Verstärkungen aufweisen. Der Anteil an Glasfasern am Flächengewicht der Einlage beträgt mehr als 70 %.

Vorteile: Dimensionsstabilität, Maßhaltigkeit, Brandverhalten

Glasgewebe (G)

Textilglasgewebe, im folgenden kurz Glasgewebe genannt, ist ein Gewebe, das vorzugsweise aus Glasfilamentgarn in der Kettrichtung und Glasstapelfaservorgarn in der Schussrichtung besteht und das mit einer wasserabweisenden Ausrüstung (Hydrophobausrüstung) versehen ist.

Vorteile: Dimensionsstabilität, Maßhaltigkeit, Festigkeit, Einreiß- und Weiterreißfestigkeit, Nagelausreißfestigkeit, Perforationsbeständigkeit (oder -festigkeit), Brandverhalten

Polyestervlies (PV)

Ein Polyestervlies besteht aus Spinnfasern oder Filamenten aus Polyester (PES). Es ist vorverfestigt durch Vernadelung oder Wärme und thermisch (T) oder durch Binder (B) endverfestigt. Der Anteil an Polyester am Flächengewicht der Einlage beträgt mehr als 75 %.

Vorteile: Festigkeit, Dehnfähigkeit, Einreißfestigkeit, Nagelausreißfestigkeit, Perforationsbeständigkeit (oder -festigkeit)

Kombinationsträgereinlage (KTG)

Eine Kombinationsträgereinlage mit überwiegendem Glasanteil besteht aus Vliesen (Glasvlies und/oder Polyestervlies) und Gelegen oder Geweben aus Kunststoff- und/oder Glasfäden. Der Anteil an Glasvlies und -fäden am Flächengewicht der Einlage beträgt mehr als 50 %.

Vorteile: Festigkeit, Einreiß- und Weiterreißfestigkeit, Nagelausreißfestigkeit, Dimensionsstabilität, Perforationsbeständigkeit (oder -festigkeit), Brandverhalten

Kombinationsträgereinlage (KTP)

Eine Kombinationsträgereinlage mit überwiegendem Polyesteranteil besteht aus Vliesen (Glasvlies und/oder Polyestervlies) und Gelegen oder Geweben aus Kunststoff- und/oder Glasfäden. Der Anteil an Kunststoffvlies und -fäden am Flächengewicht der Einlage beträgt mehr als 50 %.

Vorteile: Festigkeit, Einreißfestigkeit, Nagelausreißfestigkeit, Dimensionsstabilität, Perforationsbeständigkeit (oder -festigkeit), Weiterreißfestigkeit

Metallband (z. B. Kupfer (Cu), Aluminium (Al)), Metall-Kunststoffverbundfolien Vorteile: hoher Diffusionswiderstand, Luftdichtigkeit

(2) Deckschichten bestehen aus Bitumen oder Polymerbitumen. Sie bestimmen die Wasserdichtheit, das Witterungs- und Temperaturverhalten sowie die Alterungsbeständigkeit. Sie bestimmen weiterhin in Verbindung mit der Trägereinlage die Flexibilität, Verarbeitbarkeit und das Langzeitverhalten der Polymerbitumen- und Bitumenbahnen.

Polymerbitumen hat u. a. folgende besondere Leistungseigenschaften:

  • hervorragendes Langzeitverhalten und Alterungsbeständigkeit
  • erhöhte Wärmestandfestigkeit
  • verbessertes Kaltbiegeverhalten sowie erhöhte Kälteflexibilität – in Kombination mit Polyestervlies- und Kombinationsträgereinlagen ergeben sich sowohl bei Elastomerbitumen- als auch bei Plastomerbitumenbahnen ausgezeichnete mechanische Eigenschaften (Zugverhalten, Dehnfähigkeit und Perforationssicherheit).

Hinweis: Dies ist auch ein wichtiger Aspekt für die Verarbeitung bei Witterungsverhältnissen, die sich nachteilig auf die Leistungen auswirken können (siehe auch 3.4.1 (2)).

(3) Oberflächengestaltung/-ausrüstung von Polymerbitumen- und Bitumenbahnen: Je nach Einsatzzweck und Anforderung sind bei der Herstellung von Polymerbitumen- und Bitumenbahnen folgende Oberflächenausstattungen möglich:

  • als mineralischer leichter Oberflächenschutz (z. B. Schieferplättchen, Granulat)
  • als flächiger leichter Oberflächenschutz (z. B. Metallfolienkaschierung)
  • als haftverbessernde Schichten (z. B. Sand bei der Verklebung mit Heißbitumen)
  • als trennende Schichten (z. B. Folie auf der Unterseite von Schweißbahnen)

Hinweis: Farbabweichungen sind bei mineralisch bestreuten Polymerbitumen- und Bitumenbahnen auch trotz sorgfältigster Fertigungsverfahren nicht immer auszuschließen. Das liegt zum einen an der Bestreuung selbst, die ein Naturprodukt ist und insofern in Form und Farbe niemals einheitlich sein kann. Zum anderen können Bitumendeckschichten durch das Wechselspiel von Wärme und Lagerung die Bestreuung verfärben. Erfahrungsgemäß bauen Witterungseinflüsse wie z. B. UV-Strahlung, Nass-Trocken-Zyklen, Niederschläge und Frost-Tau-Wechsel die Verfärbungen innerhalb eines Jahres ab und gleichen die Farbe der Bestreuung an. Die technischen Eigenschaften der Bahnen werden durch diese Vorgänge nicht berührt. Dies gilt auch, wenn sich der Farbton der Bestreuung im Laufe der Nutzungsdauer insgesamt verändert.

Abbildung 1: Aufbau einer Bitumenbahn
Abbildung 1: Aufbau einer Bitumenbahn

2.3: Kurzzeichen (#ddbau10003)

Für die Kennzeichnung der verwendeten Polymerbitumen- und Bitumenbahnen gibt es Kurzzeichen, die in den deutschen Anwendungsnormen (z. B. DIN SPEC 20000-201) festgelegt sind.

PYE – Elastomerbitumen (Bitumen modifiziert mit thermoplastischen Elastomeren)
PYP – Plastomerbitumen (Bitumen modifiziert mit thermoplastischen Kunststoffen)
PYE/PYP – Kombination Elastomerbitumen und Plastomerbitumen
KSP – Kaltselbstklebende Polymerbitumenbahn
KSK – Kaltselbstklebende Bitumen-Dichtungsbahn mit HDPE-Trägerfolie
V (Zahl) – Glasvlies (Zahl bei V60 = Flächengewicht der Trägereinlage in g/m2; bei V13 = Gehalt an Löslichem in 1/100 des Gehaltes in g/m2)
PV (Zahl) – Polyestervlies (Flächengewicht in g/m2) G (Zahl) – Glasgewebe (Flächengewicht in g/m2)
Vcu – Verbundträger aus Glasvlies 60 g/m2 nach DIN 52141 mit Polyester-Kupferfolienverbund > 0,03 mm
Cu01 – Kupferbandträgereinlage aus Kupferband 0,1 mm nach DIN EN 1652 KTG – Kombinationsträgereinlage mit überwiegendem Glasanteil
KTP – Kombinationsträgereinlage mit überwiegendem Polyesteranteil S (Zahl) – Schweißbahn (Dicke der unbestreuten Bahn in mm)
DD – Dachdichtungsbahn Zahl – Dicke der Bahn in mm

2.4: Bahnenarten (#ddbau10004)

2.4.1: Bitumenbahnen (#ddbau10040)

Bitumenbahnen sind Bahnen mit Trägereinlagen und beidseitigen Deckschichten aus Bitumen.

2.4.2: Polymerbitumenbahnen (#ddbau10041)

Polymerbitumenbahnen sind Bahnen mit Trägereinlagen und beidseitigen Deckschichten aus Polymerbitumen.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Arten von Polymerbitumen:

  • Elastomerbitumen PYE
  • Plastomerbitumen PYP 

(1) Elastomerbitumen besteht aus Destillationsbitumen, das mit Elastomeren z. B. SBS (Styrol-Butadien-Styrol) modifiziert ist.

Besondere Eigenschaften von Elastomerbitumenbahnen sind:

  • geringe Temperaturempfindlichkeit bei der Nutzung
  • gute Wärmestandfestigkeit, auch unter Berücksichtigung gravierender Temperaturwechsel
  • sehr gute Kälteflexibilitätausgeprägtes elastisches Verhalten
  • lange Lebens-/Nutzungsdauer mit hoher Witterungs- und Alterungsbeständigkeit
  • gute Verklebbarkeit von Elastomerbitumen-Dachdichtungsbahnen mit Elastomerbitumen-Heißklebemasse oder Heißbitumen 100/25
  • ausgezeichnete Verschweißbarkeit bei Elastomerbitumen-Schweißbahnen

(2) Plastomerbitumen besteht aus Destillationsbitumen, das mit Plastomeren z. B. APP (ataktischem Polypropylen) modifiziert ist.

Besondere Eigenschaften von Plastomerbitumenbahnen sind:

  • geringe Temperaturempfindlichkeit bei der Nutzung
  • sehr gute Wärmestandfestigkeit und gute Kälteflexibilität
  • plastisches Verhalten, das der Bahn gleichzeitig eine hohe Flächenstabilität verleiht
  • lange Lebens-/Nutzungsdauer mit hoher Witterungs- und Alterungsbeständigkeit
  • gute Verschweißbarkeit bei Plastomerbitumen-Schweißbahnen

2.4.3: Kaltselbstklebende Polymerbitumenbahnen (#ddbau10042)

Kaltselbstklebende Polymerbitumenbahnen sind Bahnen mit Trägereinlagen und beidseitigen Deckschichten aus Polymerbitumen. Die unterseitige Deckschicht ist werkseitig kaltselbstklebend ausgerüstet.

Kaltselbstklebende Polymerbitumenbahnen werden gegenüber den herkömmlichen Bahnen bei folgenden Anwendungsfällen bevorzugt:

  • temperaturempfindliche Unterkonstruktionen und Details
  • nutzungsbedingt brand- und explosionssensible Bereiche, in denen hohe Temperaturen oder offene Flamme bei der Verlegung zu vermeiden sind
  • schwierige baukonstruktive Dachformen (stark geneigte Flächen, Sheds etc.)

Im Systemaufbau können kaltselbstklebende Bahnen als Dampfsperre, Unter- und Oberlage zum Einsatz kommen.

2.5: Hochwertbahnen (#ddbau10005)

(1) In den Anwendungsnormen DIN SPEC 20000-201, DIN SPEC 20000-202 und DIN V 20000-203 sind Mindestanforderungen an Polymerbitumen- und Bitumenbahnen definiert.

(2) In der Praxis werden jedoch häufig höhere Anforderungen an eine Abdichtung gestellt. Dies führte zur Entwicklung von höherwertigen Bahnen aus Polymerbitumen mit Eigenschaften, die weit über den Mindestanforderungen liegen. Diese Hochwertbahnen bieten bessere Leistungseigenschaften als die genormten Standardbahnen und ein höheres Sicherheitsniveau.

(3) Sie werden überall dort eingesetzt, wo hohe Qualität, baustellengerechte Verarbeitung und langfristige Funktionstüchtigkeit gefragt sind. Im Dachschichtenpaket werden sie als Bahnen für Ober-, Zwischen- und Unterlagen sowie Dampfsperrbahnen und für die einlagige Verlegung verwendet.

(4) Sie bestehen aus besonders beanspruchbaren Trägereinlagen, z. B.:

  • Kombinationsträgereinlagen mit hoher Reißfestigkeit, Dehnfähigkeit und Perforationssicherheit bei Abdichtungsbahnen
  • Aluminium-Kunststoff-Verbundeinlagen mit hoher Durchtrittfestigkeit und Perforationssicherheit bei Dampfsperrbahnen

sowie

  • aus hochwertigen Polymerbitumen-Deckschichten: besondere Elastomer- und/ oder Plastomerbitumenrezepturen mit hoher Wärmestandfestigkeit, Kälteflexibilität und Alterungsbeständigkeit.